Schule

Weil wir selber noch Schülerinnen sind, spielt die Schule eine große Rolle für uns. Erzählen sie uns bitte etwas über Ihre Schulzeit.

 

Herr Rotermund berichtet:

 

Ich wurde 1942 eingeschult worden, dann bin ich 4 Jahre zur Grundschule in Ahlden gegangen. Eine Frau Nieber, die vor Kurzem gestorben ist, war damals Lehrerin. Sie war Anfängerin und noch sehr jung. Es fehlten Lehrer, weil viel im Krieg geblieben sind oder noch im Krieg waren. Am Ende der Schulstunde war Schnellrechnen angesagt. Wer fertig war, durfte nach Hause gehen. Das Einmaleins war sehr wichtig. Lehrer Blöthe hatte für jeden, der nicht richtig spurte, einen Rohrstock dabei. Den hatte er in den Ärmel gesteckt. Die Schüler, die nicht pariert haben, haben etwas auf die Finger bekommen. Das hat scheußlich weh getan. Ich glaube, ich selbst habe nur einmal etwas abbekommen. Herr Blöthe war aber ein angenehmer Lehrer, der schon ein wenig älter war. Ich hatte keine Probleme mit ihm. Hermann Richter wohnte als Lehrer in der Schule. Er war im Krieg und wurde erst nach dem Krieg wieder eingesetzt. Mit dem habe ich nicht viel zu tun gehabt, aber man kannte sich von der Nachbarschaft her.

 

Nach der Grundschule bin ich nach Verden auf das Dom-Gymnasium und dann auf die Höhere Handelsschule gegangen. Ich bin mit der Bahn nach Verden gefahren. Das war ganz schön hart in der Zeit, 1946, teilweise bin ich auf offenen Güterwagen gefahren. Weil die Brücken zwischen Ahlden und Hodenhagen gesprengt waren, konnten wir nicht nach Walsrode zur Schule gehen. Es blieb nur Verden übrig. Auch von Gilten sind die meisten Schüler nach Verden mitgefahren. Von dort kam man noch schlechter nach Walsrode als von Ahlden. Es war recht aufwändig, nach Verden zu kommen. So schnell wie heute führ die Bahn damals noch nicht. Da hat eine Stunde gedauert, bis von Ahlden nach Verden kamen. Der Zug fuhr schon um 6.15 Uhr ab. Und bis zum Bahnhof Ahlden war auch eine ganze Ecke zu laufen, über einen Kilometer.

 

 

Herr Meins erzählt:


Im Herbst 1941 wurde ich in Hodenhagen eingeschult. Der Weg zur Schule, den ich zu Fuß gehen musste, betrug ca. 2 km. Bei Fliegeralarm wurden wir nach Hause geschickt. Mein Vater gab mir den Rat, dass ich bei Tiefflieger-Alarm in Deckung gehen oder flach auf den Boden legen sollte. Ein Flugzeug, das Hannover bombardieren sollte, hat aus unerklärlichen Gründen seine Bomben im Bruch in der Nähe des heutigen Safari-Parks abgeworfen. Einige Tage später haben wir mit unserem Lehrer einen Ausflug zu der Stelle gemacht, wo das Flugzeug abgestürzt war. Es waren dort 5 oder 6 Bombentrichter. Sie waren so groß, dass man ein ganzes Haus darin versenken konnte.

 

Nachdem man den Klassenraum betreten hat, musste Ruhe sein. Wenn der Lehrer zur Klasse hereinkam, dann mussten wir aus der Bank heraus und unseren Gruß absolvieren. Dann durften wir uns hinsetzen und der Unterricht ging los. Wenn irgendetwas nicht so gut ging, dann gab es Schläge mit dem Stock.

 

 

Frau Meins meint:

 

Ich bin nach Bierde zur Schule gegangen, zu Fuß, weil unser Lehrer in Böhme zum Kriegsdienst eingezogen war. Wenn Fliegeralarm war, wurden wir immer nach Hause geschickt. Ich habe es einmal auf dem Heimweg erlebt, dass ein amerikanisches Flugzeug abgeschossen wurde und dann am Himmel brannte. Wir Kinder haben natürlich geschrien und uns in den Graben geworfen. Wir haben Angst gehabt, dass es auf uns runter fällt.

 

 

Herr Graubohm erkärt:

 

Die Berufsschule fing Ende 1946 wieder an. Ich weiß noch, mein Meister sagte: "Du musst jetzt nach der Schule hin. Das verstehe ich zwar nicht ganz, aber naja..." Das war ihm schon zu viel, dass ich während der Arbeit nicht da war. Wir Schlachter wurden mit den Schneidern und noch ganz anderen Berufszweigen zusammen unterrichtet. Vorne war so großer Katheder und wir saßen auf Bänken. In der Berufsschule waren viele, die aus dem Krieg zurück gekommen waren und dann einen Beruf gelernt haben. Sie waren abgehärtet und traumatisiert. Das hab ich damals nicht gemerkt, aber heute weiß ich, dass sie traumatisiert waren. Ich habe es erlebt, wenn der Lehrer gesagt hat: "So geht das nicht", dann hat einer von ihnen geantwortet: "Was willst du?" und sie wollten ihm an den Kragen. Der Lehrer ist dann um den Katheder herumgelaufen.

 


Herr Siemer sagt:

 

Ich bin 1930 in Suderbruch geboren und da wohne ich auch heute noch. Ich habe dort die Volksschule besucht, bis ich 12 Jahre alt war. Dann bin ich nach Walsrode auf die Oberschule (Aufbauschule). Dort musste ich das nachholen, was die anderen schon seit zwei Jahren gehabt hatten, aber war kein Problem. Die Lehrer auf der Oberschule waren "Aussortierte" gewesen, das heißt, dass sie schon die Altersgrenze erreicht hatten. Die anderen waren im Krieg. Wir hatten auch vier Lehrerinnen. Bei Kriegsende musste ich auf dem Hof helfen, dann bin ich nicht mehr zur Schule gegangen und war ohne Abschluss.

 

 

Herr Siemer schildert, dass er für den Besuch der Napola* vorgesehen war:

 

Mein Onkel arbeitete in Hannover, da war sein Büro und er hatte die nötigen Verbindungen. Die Aufnahme an der Napola ging nur durch die Parteien, so ohne Weiteres konnte sich da keiner anmelden. Man musste vorgeschlagen werden, dann wurde man durch die Mangel gedreht. Ich bin aber nicht zur Napola gekommen. Der Krieg war ja schon fast vorbei, und ich hatte noch keine Bestätigung. Ich wäre gern dorthin gegangen. Das gehörte dazu, so waren wir gedrillt. Da hat keiner aufgemuckt. Wenn heute einer erzählt, er ist nicht in der Hitlerjugend gewesen, dann glaube ich das nicht. Das gab es nicht. Jeder war gezwungen, da einzutreten.

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* Napola bedeutet "Nationalpolitische Erziehungsanstalt". Es handelte sich dabei um Internate, die als nationalsozialistische Eliteschulen fungierten.

Frau Plöger erinnert sich an ihren Schulweg wie folgt:


Ich bin 1936 geboren, also ich bin jetzt 79 Jahre alt, nächstes Jahr werde ich 80. An meine Schulzeit kann ich mich bewusst erinnern. Ich bin mit 6 Jahren eingeschult worden, das war im Herbst 1942. Ich hatte einen Schulweg…, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Ich hatte zwei Freunde, Magdalene und Ingrid, wir gingen gemeinsam zur Schule und mussten durchs Feld. Es passierte, dass plötzlich die Sirenen ertönten oder Flugzeuge kamen. Und wenn man durch das Feld geht, ist dort meistens auch ein Graben in der Nähe. Wenn wir Flugzeuge sahen, sprangen wir gleich in den Graben und legten uns flach. Manchmal kamen wir auch zur Schule und die Schule fiel aus, weil einfach keine Lehrer dann da waren. Die Lehrer waren ja auch fast alle im Krieg. Dann konnten wir wieder nach Hause gehen. 

Flüchtlingskinder hatten es in der Nachkriegszeit besonders schwer in der Schule, wie Herr Pralle berichtet:


Die Flüchtlinge waren froh, dass sie Arbeit hatten und sich ein bisschen Geld verdienen konnten, woanders gab es nämlich nichts. Die Kinder der Flüchtlinge kamen oftmals mit und halfen der Mutter beim Kartoffeln aufsuchen. Dann konnten sie natürlich nachmittags keine Schularbeiten machen. Am nächsten Morgen – ich weiß das noch aus meiner Schulzeit- mussten die Schularbeiten vorgezeigt werden. Sie hatten dann nichts und wurden dann verprügelt vom Lehrer. Es waren natürlich überwiegend traumatisierte Lehrkräfte aus dem Krieg da. Der prügelte all die Jungs, hauptsächlich die, jeden Morgen eine Stunde lang – wenn ich da heute daran denke… Das kann ich überhaupt nicht mehr fassen, er geilte sich dann so richtig da dran auf. Die Kinder wussten schon Bescheid. Einer hatte sich dann schon Pappe unter den Hintern gelegt, weil er genau wusste, er wird verprügelt. Aber er hat geschrien wie am Spieß. 

Eickeloher Schulklasse mit Reinhard Pralle