Ernährung

Haben Sie in der Kriegs- und Nachkriegszeit Hunger gelitten? Was gab es zu essen?


Frau Meins sagt:

 

Es gab Bratkartoffeln. Alle Kartoffeln wurden auf einen großen Keramikteller gelegt. Einen eigenen Teller hatte man nicht, alle aßen gemeinsam von einem Teller. Danach gab es noch Dickmilch, die haben wir dick werden lassen, dass sie so wird, wie heute der Jogurt. Oben drauf kam Sahne. Es wurden auch Brotkrümel oben drauf gebröselt und Zucker. Wir hatten zwei Russen als Arbeiter. Sie mussten an einem Extra-Tisch essen, bei uns am Tisch durften sie nicht sitzen. In Böhme haben wir das Getreide gemäht und in Stiegen aufgestellt. Die mussten dann trocknen. In einer Stiege warne meistens so 20 Garben. Es gab ja ganz wenig zu essen.

 

In Böhme gab es keinen Bäcker. Einige hatten einen Backofen und die Nachbarn haben bei ihnen mitgebacken. Wenn meine Mutter zu Weihnachten gebacken hat, dann haben die ganzen Nachbarn ihren Butterkuchen auf Blechen gebracht. Hinterher kamen der Braten hinein und die Kekse. Ganz zuletzt wurde geschälte Äpfel und Birnen von der Restwärme getrocknet. Und auch der Butterkuchen. Der Butterkuchen wurde in Streifen geschnitten. Er kam auch wieder auf ein Blech und wurde getrocknet. Danach kam er in Milchkannen, damit er schon kross blieb. Dann hatte man immer mal ein Stück Küchen. Der war dann ziemlich hart. Die älteren Menschen konnten ihn nicht beißen und tauchten ihn in den Kaffee, so wurde er wieder weich.

 

 

Herr Graubohm beschreibt seine Erinnerungen an Brot:

 

Im Hause bei uns gegenüber, Koch, und bei Max Dannenberg auf dem Saal waren die Mannschaften untergebracht. Wir Kinder haben geguckt, was da los war. Dort habe ich zum ersten Mal Weißbrot gesehen. Es gab ja hier während der Kriegszeit kein Weizenmehl, nur Roggenmehl und Roggenbrot. Dieses schneeweiße Brot sehe ich heute noch vor mir, alles verschweißt, in Blechkanistern, alle zugeschweißt. Die Soldaten hatten in Hülle und Fülle zu essen.

 

Bäcker Runge hatte für die Eilter und Büchter Bauern Brot gebacken. Früher haben die Bauern das Korn geliefert, somit das Mehl. Sie haben nur Backgeld bezahlt und der Bäcker hat dann für sie gebacken. Bauer Bunke aus Büchten, der zehn Gefangene, die in der Landwirtschaft arbeiteten. Er kriegte jede Woche fünfzehn Brote, große Brote, heute gibt es solche gar nicht mehr: 3-kg-Brote. Die habe ich dann mit dem Bäckerwagen nach Büchten gefahren. Ich habe auch den anderen Bauern ihr Brot gebracht. Mit 150 Broten war ich unterwegs. Ich hatte natürlich Hunger und hinten lag das frische Brot... Einmal habe ich mir ein Stück von einem Brot abgebrochen und gegessen. Ich wusste nicht, wem ich das angefangene Brot nun geben sollte. Aber ich kannte die Oma von Bunke gut, die mir immer das Brot abnahm. Ich sagte: "Bunken Oma, ich habe von dem Brot gegessen." Sie antwortete: "Ach, Junge, komm mal her, ich mache dir erst mal ein Sirupbrot." Das war ja damals Gold wert.

 

 

Herr Siemer berichtet von Bezugsscheinen und vom Schwarzschlachten:

 

Die Küche war der Mittelpunkt unseres Hauses, denn da spielte sich vieles ab. Dort wurde gesessen und erzählt, abends mal Karten gespielt und ordentlich einen genommen.

 

Im Kriege war alles mit Bezugsscheinen geregelt. Brotkarte, Mehlkarte, für alles gab es eine Karte. Wer Korn angebaut hat, konnte so und so viel Sack, das war genau festgelegt, zu einer Sammelstelle bringen. Das Korn kam dann mit einem LKW zu einer Mühle in Walsrode oder Nienburg. Es hieß dann: "Der Siemer hat so und so viel Zentner abgeliefert, er kann eine bestimmte Menge Brot bekommen." Der Bäcker musste das daraufhin einteilen.

 

Nach dem Krieg war die große Zeit des Schwarzschlachtens. Es wurde genau eingeteilt, wer selber Schweine mästet. Die Schweine wurden gezählt und je nachdem, wie viele Leute es waren, durfte ein Schweine oder zwei Schweine geschlachtet werden. Dort wurden meistens die leichtesten gewogen, die kannten dann meistens schon den Weg zur Waage. Das Schwarzschlachten war immer nachts. Wenn jemand erwischt wurde, der bekam dann eine Strafe. Das war nach dem Krieg. Im Krieg hat sich das keiner getraut, die Strafen waren radikal. Es wurden z. B. Bezugsscheine für ein Jahr gestrichen, und dann musstest du sehen, wo du die Sachen herbekamst. Es war vorher schon bekannt, wenn die Kontrollen kamen. Dann wurden die Ställe aufgemacht und ein paar Schweine in die Feldmark geschickt, man musste am Ende nur wieder sehen, wie man sie wiederbekommt. Es gab auch Ställe, die irgendwo in einer Scheune waren und nicht mitgezählt wurden. Das wusste die Polizei teilweise auch, aber die Polizisten haben nichts gesagt, da sie selber betroffen waren.

 

Foto von Reinhard Pralle

Herr Rotermund erzählt, dass einige Dorfbewohnern relativ gut versorgt waren:

 

Wir hatten früher eigene Kühe, Schweine, ein Pferd, Schafe und Ziegen. Wir haben eigentlich keine Not gelitten, weil alles immer da war. Andere Mitschüler, die als Flüchtlinge nach Ahlden kamen, hatten nicht so viel essen nach dem Krieg. Sie hatten meistens nur Maisbrot, Weißbrot gab es selten. Maisbrot hat mir gar nicht gut geschmeckt.

 

 

Herr Meins erzählt von seinen Erinnerungen an Lebensmittelmarken:

 

Lebensmittel und Brot wurden in Hodenhagen eingekauft. In Hodenhagen gab es zwei Bäcker: Bäcker Koch, neben der jetzigen Apotheke, und Bäcker Runge. Ich fuhr mit einem Fahrrad dort hin. Auch musste ich beim Bürgermeister Lebensmittelmarken und Bezugsscheine abholen. Alle Einwohner mussten zum Bürgermeister gehen und sich die Lebensmittelmarken und Bezugsscheine holen, sonst gab es nichts. Ein Erlebnis habe ich bis heute nicht vergessen. Ich klopfte an die Dienstzimmer Tür vom Bürgermeister und sagte: "Guten Morgen.“ Im selben Moment wurde ich angeschrien: "Kennst du nicht den deutschen Gruß? Raus, raus!“ „Heil Hitler“, sagte ich beim zweiten Eintreten.

Frau Plöger weiß noch genau, wie schwierig es für ihre Familie war, sich zu ernähren:


Wenn im Herbst die Felder abgeerntet waren, dann gingen wir auf die Felder und suchten nach Ähren, das nannten wir Stoppeln. Das Ergebnis haben wir in einen Sack gefüllt und dann in eine Zinkkarre gelegt. Zuhause haben wir auf den Sack draufgeklopft wie mit einem Dreschflegel, damit die Körner sich lösten. Dann haben wir sie mit den Händen hochgehoben. Die kleinen Späne sind weggeflogen und dann hatten wir zuletzt  nur noch das Korn. Das brachten wir zur Mühle, wo es dort gemahlen wurde, und wir bekamen dafür Mehl. Zum Ende des Krieges hatten wir schon sehr viel Hunger gehabt. Es kam ein Arzt zur Schule, der uns gewogen hat, und ich hatte Untergewicht. Ich war groß, aber dünn, und darum kriegte ich Sondermarken. Also eine Sonderzuteilung Milch oder ein halbes Pfund Butter. Mein Bruder, der war klein und pummelig, und der kriegte nichts, da war er ganz traurig. 


Ich kannte keine Bananen und keine Apfelsinen. Später gab es die dann mal. Es ging wie ein Lauffeuer durch das Dorf, wenn Reinhold, das war unser Lebensmittelladen, Bananen und Apfelsinen hat. Da sind wir hin, aber man konnte Pech haben, dass man in der Schlange stand und dann schon nichts mehr kriegte. Es gab auch Fisch, da gingen wir mit Email- und Zinkschüsseln los und haben versucht, noch Fisch zu kriegen. 


Manchmal, das weiß ich noch, da lag ich mit meinem Bruder im Bett. Meine Mutter ließ die Tür immer so einen Spalt offen, weil der kleine Kerl nicht schlafen konnte, wenn es stockduster war. Dann haben wir gerufen: ,,Mutti, gib uns doch noch eine Schnitte Brot, es kann auch ruhig eine trockene sein.“ Meine Mutter hatte aber kein Brot mehr, weil das, was noch übrig war, für den nächsten Morgen reichen musste. Wir haben auch Brennnesseln gesammelt und die hat meine Mutter dann als Gemüse gekocht. 

Herr Meins schildert seine Erinnerungen an das Backen im elterlichen Hause:


Wenn meine Mutter zu Weihnachten gebacken hat, dann haben die ganzen Nachbarn ihren Butterkuchen auf Blechen gebracht. Hinterher kamen der Braten hinein und die Kekse. Ganz zuletzt wurde geschälte Äpfel und Birnen von der Restwärme getrocknet. Und auch der Butterkuchen. Der Butterkuchen wurde in Streifen geschnitten. Er kam auch wieder auf ein Blech und wurde getrocknet. Danach kam er in Milchkannen, damit er schon kross blieb. Dann hatte man immer mal ein Stück Küchen. Der war dann ziemlich hart. Die älteren Menschen konnten ihn nicht beißen und tauchten ihn in den Kaffee, so wurde er wieder weich.